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Das von der UNO ausgerufene Internationale Jahr zum Schutz der Gletscher wird auch von APRI mit einer Reihe von Veranstaltungen gewürdigt, um das Bewusstsein für die Gefährdung und die entscheidende Rolle der Gletscher zu schärfen.

Die Zukunft unserer Gletscher ist nicht gerade rosig: Unter dem Druck der Klimakrise verschwinden die Gletscher, indem sie ihre Eismassen verlieren. Selbst bei dem ehrgeizigsten Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, wird uns den Prognosen zufolge bis zum Ende dieses Jahrhunderts nur noch die Hälfte aller Gletscher zur Verfügung stehen. Daher hat die UNO das Jahr 2025 zum „Internationalen Jahr der Erhaltung der Gletscher“ (IYGP) erklärt. Rund um den Globus sind Veranstaltungen geplant, um auf die Bedeutung der Gletscher aufmerksam zu machen – APRI beteiligt sich an dieser Initiative.

„Um das Verständnis für die Bedeutung der Gletscher für unsere Lebensgrundlagen zu erhöhen, müssen wir die Öffentlichkeit sensibilisieren. Gletscher können nicht als isolierte Erscheinungen an abgelegenen Orten betrachtet werden. Jede Handlung, die der Mensch vornimmt, spiegelt sich im Gletschereis wider und wird letztendlich zum Bumerang.“

Birgit Sattler

Wir verlieren nicht nur Wasser

Gletscher sind die emblematischsten Botschafter für die Zeichen der anhaltenden Klimakrise. Häufig verbreitete Bilder von Zeitreihen mit einem Abstand von einigen Jahrzehnten als Vergleich sind äußerst anrührend, da sie die rasche Veränderung von Landschaften offenbaren. Der Weltgletschertag am 21. März ist ein Tag, an dem Wissenschaftler auf die Bedeutung der Gletscher hinweisen und Zahlen über das enorme Ausmaß der weltweiten Verluste nennen. Und diese Zahlen sind schwer zu verdauen: Im Jahr 2023 werden die Gletscher weltweit schätzungsweise ein Volumen verlieren, das dem fünffachen Wasservolumen des Toten Meeres entspricht. Aber es ist nicht nur Wasser, das wir verlieren. Gletscher sind  lebenswichtig für das Klima, den Wasserkreislauf, die Nährstoffflüsse, die biologische Vielfalt, aber auch für die menschliche Gesellschaft. Sie liefern Süßwasserressourcen und sichern die Ernährung von Milliarden von Menschen weltweit. Darüber hinaus beherbergen sie eine einzigartige und reiche biologische Vielfalt, die hauptsächlich aus Mikroben besteht, von denen viele außergewöhnliche Anpassungen entwickelt haben, um unter Minusgraden zu überleben. Darunter befinden sich Organismen, die Enzyme und bioaktive Moleküle mit potenziellen medizinischen Anwendungen produzieren.

Mit dem Verschwinden der Gletscher verlieren wir nicht nur Eis, das unsere Wasser- und biogeochemischen Kreisläufe aus dem Gleichgewicht bringt – wir verlieren auch die Kontrollmechanismen für das Klima, das Leben, die Ökosysteme und die unschätzbaren biologischen Ressourcen unseres Planeten. Im Gegenzug sind wir einer zunehmenden Bedrohung durch Naturgefahren ausgesetzt, die durch die Gletscherschmelze verursacht werden. Und wir verlieren an Artenvielfalt.

Eiskernbohrung in der Antarktis. (© Birgit Sattler), rechts: Eiswand am Untersee, Antarktis. (© Birgit Sattler)

„Jedes Kilogramm eingespartes CO2 zählt: nämlich 16 kg Eis“

Marzeion et al., 2018

Wie trägt APRI zum IYGP bei?

Für die kommenden Veranstaltungen bietet APRI einen facettenreichen Einblick in die Bedeutung der Gletscher in den Bereichen Klimaforschung, Ökologie und Sozialwissenschaften. Dieser interdisziplinäre Ansatz ist eine der Stärken von APRI – scheinbar klein in seinem Konsortium, aber stark in seinen Disziplinen.

Daher sind unsere Beiträge vielfältig und über das ganze Land verteilt. APRI-Mitglieder haben eine Reihe von Presseaussendungen lanciert – zunächst einen Bericht über die neue österreichische Forschungsstation in Grönland, Sermilik. Es handelt sich dabei um die einzige österreichische Polarstation (unter Patronanz der Universität Graz) und wir freuen uns auf zahlreiche Projekte mit internationalen Partnern, die viele Disziplinen umfassen. In einer weiteren Pressemitteilung ist von häufig gemessenen Gletschern wie dem Freya-Gletscher in Grönland die Rede. In Zusammenarbeit mit der EPFL und der ETH wird ein „Glacier Stewardship Program“ vorgestellt, mit dem die Wissenschaft dem Gletscherschwund entgegenwirken will, indem sie (1) ökologisch verträgliches Material zur Verlangsamung des Eisverlustes auf Gebirgsgletschern in kleinem Maßstab entwickelt, (2) Frühwarnsysteme gegen Naturgefahren durch instabile Gletscher vorantreibt und (3) eine Biobank für die verlorene Artenvielfalt einrichtet. Von Ost bis West werden verschiedene Vorträge gehalten, von „Was bleibt vom ewigen Eis – Status und Zukunft der weltweiten Gletscher“ in Graz bis zu „Ice matters“ in Galtür oder „Polarexpeditionen – Forschung unter extremen Bedingungen“ in Ansbach. Es werden Panels besucht, die sich mit „Datenmanagement und Überwachungsstrategien“ in Paris befassen, was eindeutig das Epizentrum der Aufmerksamkeit ist, sowie mit „Give an hour for water“ als diesjährigem Start des WWF in Pakistan. APRI ist auch an internationalen Dokumentarfilmen beteiligt, z.B. „Sur le Front“, der das Schicksal der Gletscher zeigt. Und natürlich werden wir dieses Thema im Rahmen unserer Reihe „Polar Talk“, die vom Naturhistorischen Museum in Wien veranstaltet wird, ausbauen.

Das Wort zu verbreiten ist eine Sache - zu handeln eine andere

Das Fazit für die Gletscher lautet: Es gibt keine guten Nachrichten. Selbst wenn wir jetzt aufhören, CO2 auszustoßen, wird der Gletscherschwund weitergehen. Sollen wir also den Welttag der Gletscher feiern oder sollen wir lieber trauern? Ein Geheimtipp mit APRI-Beteiligung ist der Dokumentarfilm „Requiem in Weiß“ des österreichischen Filmemachers Harry Putz. Als Metapher werden hier Gletscher in einer Beerdigung von echten Priestern, die gegen den Klimawandel protestieren, buchstäblich begraben. Die Initiative der Vereinten Nationen, das Jahr 2025 zum Jahr der Erhaltung der Gletscher auszurufen, ist nicht nur für die wissenschaftliche Welt ein Alarmsignal. Die Wissenschaftskommunikation muss dazu beitragen, dass dieses Wissen über die Ursachen und Folgen dieser rasanten Schmelze in der breiten Öffentlichkeit, in der Politik, bei Interessengruppen und Entscheidungsträgern ankommt. Wir alle sind beeindruckt von der Visualisierung verschwundener Gletscher, aber diese allgemeine Bestürzung geht oft nicht über den Grad der Betroffenheit hinaus, wo wirklicher Handlungsbedarf besteht. Können wir die Gletscher auf kurze Sicht retten? Nein. Aber langfristig gesehen zählt jede 0,1°C. Jedes Kilogramm eingespartes CO2 zählt: nämlich 16 kg Eis (Marzeion et al., 2018)! Können wir die Gletscher erhalten? Auf einen kleinen und lokalen Maßstab beschränkt – ja, unter strengsten ökologischen und ethischen Maßstäben. Aber statt Gletscher mit Pflastern zu flicken, sollten wir lieber langfristig handeln. Und darauf läuft es hinaus: Es braucht ein Kollektiv: Dekarbonisierung ist immer noch der effizienteste Gletscherschutz.

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