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Die APRI-Mitglieder Klemens Weisleitner und Birgit Sattler (Universität Innsbruck) nahmen an einer wissenschaftlichen Expedition teil, um die ökologische Bedeutung eines Gletschers auf ein einzigartiges antarktisches See-Ökosystem zu untersuchen.

Einblick hinter die Kulissen der Antarktis-Expedition, die zur präsentierten wissenschaftlichen Publikation geführt hat (© Klemens Weisleitner).

Der ganzjährig eisbedeckte (2-4m) und 170m tiefe Untersee ist einer der größten Süßwasser-Oberflächenseen der Antarktis. Er beherbergt sogenannte konische Stromatolithen, die vorwiegend aus sauerstoffproduzierende Cyanobakterien bestehen. Sie liefern Hinweise darauf, wie sich Leben auf der Erde entwickelt haben könnte. Nach heutigem Wissensstand kommen diese biologischen Strukturen weltweit nur im Untersee vor. Ziel der Expedition war es, Umgebungen außerhalb des Untersees zu identifizieren, die als mikrobielle Quelle für dieses einzigartige antarktische See-Ökosystem dienen könnten.

Die Lage des Untersees (Google).

Die Entdeckung und Erforschung eines einzigartigen Ökosystems

Der Untersee wurde erstmals 1939 bei einem deutschen Aufklärungsflug entdeckt. Getarnt als Walfangexpedition wurden Luftaufnahmen mit dem Ziel gemacht, das Gebiet zu kartieren und später Anspruch auf das Gebiet zu erheben. Es dauerte bis 1969 – dem Jahr der Mondlandung – bis die ersten Menschen über die 2-4m dicke Eisdecke des Seeeis spazierten. Später waren vor allem deutsch-sowjetische Expeditionsteams in diesem Gebiet unterwegs, um mehr über den Untersee und die umliegenden Berge zu erfahren. Seit 2008 finden jährliche Expeditionen unter amerikanischer Leitung statt. Als Experten auf dem Gebiet der mikrobiellen Ökologie von Gletschern wurden die APRI-Mitglieder eingeladen, sich dem Expeditionsteam für mehrere Saisonen anzuschließen. Durch die extreme Abgeschiedenheit der Region hatten bis heute nur wenige Forscher die Gelegenheit, den Untersee zu untersuchen.

Übersichtsaufnahme des Untersuchungsgebietes: Der Anuchin Gletscher (links) fließt langsam in den Untersee (rechts). Der See ist vom Grubergebirge eingekesselt (© Klemens Weisleitner).

Die Vorbereitungen für die Expeditionen gingen über die Planung von Experimenten und Beprobungsstrategien weit hinaus. Neben medizinischen Untersuchungen und notfallmedizinischer Kurse musste sich das Expeditionsteam auf bis zu zwei Monate Isolation im Zelt auf dem kältesten und windigsten Kontinent der Erde einstellen. Die Kommunikation mit der Außenwelt war während der Expedition nur eingeschränkt möglich. Die fehlende Infrastruktur in der Umgebung des Untersuchungsgebietes in Kombination mit den antarktischen Bedingungen verlangten von Mensch und Material viel ab.

„Trotz seiner dicken, ganzjährigen Eisdecke ist der Untersee kein isoliertes Ökosystem. Der angrenzende Anuchin Gletscher dient als wichtige Wasser-, Nährstoff- und mikrobielle Quelle.“

Klemens Weisleitner

Die Suche nach dem mikrobiellen Ursprung des Sees

Frühere biologische Studien am Untersee beschrieben mikrobielle Gemeinschaften innerhalb des Sees. Mögliche mikrobielle Quellen außerhalb des Gewässers wurden nur diskutiert, jedoch nie identifiziert. Um diese Wissenslücke zu schließen, sammelten die APRI-Forscher Proben innerhalb des Sees (Sedimente, Wasser, Seeeis). Zusätzlich wurden und in der Umgebung um den See gesammelt, einschließlich der Böden, Luft, Gletschereis und sogenannte Kryokonitlöcher. Letztere sind Vertiefungen auf der Gletscheroberfläche, welche entstehen, wenn sich dunkle Partikel ansammeln und in das Eis einschmelzen. Nach der Expedition wurden die Proben nach Österreich zurücktransportiert, um die mikrobiellen Gemeinschaften in den oben genannten Umgebungen zu identifizieren.

(A) Schematische Darstellung des Untersees [Abbildung basiert auf (Wand et al., 2006)]. (B) Bodenprobe. (C) Biofilmformationen in einer Tiefe von etwa 24 m. (D) Biofilmformationen in 169m Tiefe (E) „White Ice Patch“ – in das Seeeis integriertes Gletschereis mit Kryokonitlöchern. (F) Presseishügel als Grenze zwischen Gletscher und See (G) Typische Morphologie eines eisbedeckten Kryokonitlochs (© Weisleitner et al.).

Kryokonitlöcher des Anuchin Gletschers als mikrobielle Quelle für Lake Untersee

Mittels sogenannter Source-Tracking-Analyse wurden die Kryokonitlöcher des Anuchin-Gletschers als wichtigste mikrobielle Quelle für den Unteren See identifiziert. Dies bedeutet, dass der Gletscher eine wichtige Quelle für den ganzjährig eisbedeckten See ist. Verglichen mit dem volumetrischen Eintrag von schmelzendem Gletschereis ist der Eintrag von Kryokonit sehr gering, was die ökologische Relevanz der Kryokonitlöcher nochmals unterstreicht. Den Autoren zufolge konnten aus logistischen Gründen subglaziale Zonen als mikrobielle Quelle für den Untersee nicht berücksichtigt werden. Zukünftige Expeditionen könnten die Bedeutung dieser Zonen für das Ökosystem mit Hilfe neuer Technologien aufklären.

Blick durch einen Eisbohrer auf die Gletscheroberfläche mit einem Kryokonitloch (© Klemens Weisleitner).

Medieninformation

Verfasst von Klemens Weisleitner and Birgit Sattler.
Satz und Layout durch das APRI-Media Team.
Kontakt: Nützen Sie unser Kontaktformular.
Fotos und Video: © Klemens Weisleitner

Über die wissenschaftlichen AutorInnen

Klemens Weisleitner PhD (Universität Innsbruck)
Birgit Sattler Mag. Dr., Priv.-Doz. (Universität Innsbruck)
Zur wissenschaftlichen Publikation

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