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Presseunterlagen zur Pressekonferenz 10 Jahre APRI, 8.11.2023

Das Austrian Polar Research Institute APRI lud alle an der Arktisforschung Interessierten Medienverantwortlichen zu einer Pressekonferenz anlässlich des 10-jährigen Bestehens in Wien ein. Das APRI ist ein Forschungskonsortium bestehend aus der UNI Wien, UNI Graz, UNI Innsbruck, GeoSphere und b.geos, das Forschung und Ausbildung im Bereich der Polarwissenschaften an den beteiligten Organisationen fördert und koordiniert. Am APRI sind etwa 50 WissenschaftlerInnen in 18 Forschungsgruppen beteiligt.

Wann:  Mittwoch 8.11.2023, 11:00 – 12:00
Wo: In den Räumlichkeiten des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), Freyung 1, Festsaal.
Vortragende:
  • Prof. Dr. Wolfgang Schöner (APRI-Direktor, Institut für Geographie und Raumforschung an der Universität Graz)
  • Prof. Dr. Peter Schweitzer (APRI Vorstand, Vorstand des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien)
  • Dr. Helena Bergstedt (Senior Researcher, b.geos)
Themen:
1. Erfolg des APRI mit den Highlights, die die APRI Mitglieder in den letzten 10 Jahren erarbeitet haben.
2. 150 Jahre Entdeckung von Franz-Josef-Land: Beginn der Polarforschung in Österreich und Initiative zu den internationalen Polarjahren (IPY). Was wird das nächste IPY 2032/33 bringen?
3. APRI als wichtiger Partner in der europäischen Polarforschung.
4. Übergabe der APRI-Führung an eine jüngere Generation von ForscherInnen. Nachhaltigkeit ist gefragt um eine langfristige Absicherung zu erreichen, was einer garantierten Grundausstattung bedarf.
5. Ein Commitment von der österreichischen politischen Seite zu den Polarregionen ist erforderlich. Österreich muss sich viel deutlicher in internationale Organisationen wie dem Arctic Council oder den Antarktisvertrag einbringen und Stellungnahmen zu Vorgängen in den Polarregionen abgeben.

Prof. Dr. Wolfgang Schöner

Direktor des Austrian Polar Research Institute (APRI)
Professor an der Universität Graz
Heinrichstrasse 36
8010 Graz
wolfgang.schoener@uni-graz.at
Forschungsgruppe Schöner
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Austrian Polar Research Institute (APRI) als Erfolgsmodell

In Folge der Beteiligung österreichischer PolarforscherInnen am Internationalen Polarjahr 2007/08 ist ein neuer Boost zur Vernetzung und besseren Etablierung der Österreichischen Polarforschung entstanden. Zu diesem Schritt der Vernetzung und Etablierung trug in dankenswerter Weise das BM Wissenschaft und Forschung durch eine finanzielle Unterstützung (Projekt PolarVision) wesentlich bei. Dadurch konnte die Mitgliedschaft im International Arctic Science Committee IASC beantragt und 2013 das APRI gegründet werden.

Seit diesem Zeitpunkt hat das APRI und damit die österreichische Polarforschung einen steilen Weg nach oben genommen. Einerseits stehen zwei ERC-Grants und ein FWF Start-Preis der APRI ForscherInnen zu Buche, andererseits fand das APRI als österreichische Vertretung der Polarforschung internationale Anerkennung. Das gilt auch für die institutionelle Verankerung von APRI in der internationalen Arktis- und Antarktisforschungsszene. Österreich ist durch APRI seit 2014 Mitglied von IASC (International Arctic Science Committee), was uns ermöglicht an den inhaltlichen Weichenstellungen der internationalen Polarforschung aktiv teilzunehmen. APRI ist in allen Arbeitsgruppen von IASC stark vertreten und arbeitet aktiv am ICARP IV (4. Internationale Konferenz zur Arktischen Forschungsplanung 2025) Prozess mit. Österreich ist durch den FWF als Mitglied im European Polar Board (EPB – Europäischer Polarausschuss) vertreten. Die vom FWF entsandten Vertreter im EPB stammen aber seit der Gründung des APRI aus selbigem. So konnte das APRI an der Koordinierung der europäischen Polarforschung im Rahmen der EU-Projekte EU-Polarnet1 und EU-Polarnet2 mitarbeiten. Schließlich gelang es auch in den letzten Jahren durch ein privates Sponsoring eine österreichische Polarstation in Grönland zu gründen und 2023 die größte wissenschaftliche Konferenz zur Arktisforschung, die Arctic Science Summit Week, nach Wien zu bringen.

Dies alles steht auch im Zusammenhang mit einer sehr aktiven und erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit des APRI. Damit ist insgesamt etwas gelungen, was über viele Jahrzehnte davor als Wunschtraum der österreichischen PolarforscherInnen galt, aber nicht verwirklicht werden konnte. In diesem Sinne ist mit dem APRI ein Meilenstein in der Polarforschung gelungen, ähnlich wie die Idee eines Polarjahres von Carl Weyprecht vor ca. 150 Jahren.

Die Zukunft des APRI

Die europäische Polarforschung formiert sich gerade neu und arbeitet an der Gründung eines European Polar Coordination Office (EPCO). Dieses soll, neben dem European Polar Board, insbesondere die Schnittstelle zur Europäischen Kommission bilden und dafür sorgen, dass die Forschungsmittelvergabe der EU entsprechend den neuesten Forschungsergebnissen und den Notwendigkeiten der Forschung erfolgt. Das APRI ist in diesen Prozess eingebunden.

Daneben ist es wichtig, dass Initiativen wie etwas das Joint Programming auch die Polarforschung einschließen, da ganz wesentliche Fragestellungen des globalen Klima- und Umweltwandels mit den Polarregionen verknüpft sind. In diesem Sinne die österreichische Polarforschung zu vertreten, wird auch in Zukunft eine wesentliche Aufgabe des APRI sein.

Ein zentrales Flagshipprojekt der Polarforschung ist derzeit die Vorbereitung des nächsten Internationalen Polarjahres 2032/33, das vom International Arctic Science Committe IASC gemeinsam mit dem Scientific Committee on Antarctic Research SCAR koordiniert wird. Die Teilnahme Österreichs an diesem Großprojekt wird eine wesentliche Aufgabe der nächsten Zukunft für das APRI sein.

Österreichische Polarforschungsstation Sermilik, Ostgrönland, ©Christoph Ruhsam

Prof. Peter Schweitzer

APRI Vorstand und
Professor am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien
Universitätsstrasse 7
1010 Wien
peter.schweitzer@univie.ac.at
Website

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Warum soll sich Österreich für die Arktis und Antarktis interessieren?

Der russische Versuch der Invasion der Ukraine im Februar 2022 hat Österreichs Verstrickung mit den Ressourcen der Arktis eindeutig vor Augen geführt. Die österreichische Abhängigkeit von russischem Erdgas, die seither in kleinen Schritten verringert wird, ist eine Abhängigkeit von arktischen Ressourcen, hauptsächlich aus Westsibirien. Trotz – oder vielleicht sogar wegen – der westlichen Abwendung von russischen Rohstoffen und Bodenschätzen wird die Arktis für uns langfristig von großer wirtschaftlicher Bedeutung sein.

Österreich versucht gerade mehr Öl und Gas von Norwegen zu erhalten und der Druck auf die Nutzung nicht-russischer arktischer Ressourcen anderswo steigt. Gleichzeitig sind Arktis und Antarktis wichtige Regionen für den internationalen Umweltschutz. Die extrem starken Auswirkungen des Klimawandels auf die Polarregionen zeigen die Dringlichkeit solcher Bestrebungen.

In der Arktis geht es auch verstärkt um die Anerkennung Indigener Rechte und Interessen, die sich nicht notwendigerweise auf das „südliche“ Gegensatzpaar Umweltschutz vs. Wirtschaftlicher Entwicklung reduzieren lassen.

Österreich sollte sich stärker in internationalen Organisationen zu Arktis und Antarktis engagieren

Trotz diesem wissenschaftlichen Engagement und Erfolg Österreichs in der Polarforschung fehlt bisher der politische Wille Österreich als Land stärker in internationalen Organisationen mit Polarbezug zu positionieren. Der Arktische Rat (Arctic Council) wäre dafür eine ausgezeichnete Bühne. Wegen Russlands Überfall auf die Ukraine war der Arktische Rat seit Februar 2022 kaum arbeitsfähig. Seit der Übernahme des Vorsitzes durch Norwegen (von der Russischen Föderation) werden verstärkt Anstrengungen unternommen den Arktischen Rat wieder funktionsfähig zu machen.

Die oben erwähnten Agenden bezüglich dem Schutz Indigener Rechte, der Umwelt und wirtschaftlicher Interessen in der Arktis könnten ein Engagement Österreichs im Arktischen Rat (z.B. durch einen Beobachterstatus) weit effektiver vertreten werden. Das gilt auch in Zeiten verstärkter geopolitischer Spannungen in der Arktis. Viele Länder die geographisch und historisch viel weiter entfernt von der Arktis sind als Österreich sind im Arktischen Rat jedoch viel aktiver als unser Land.  Dasselbe gilt leider auch für den Antarktisvertrag, der von Österreich immer noch nicht ratifiziert wurde.

Dr. Schweitzer bei der ASSW2023 in Wien, ©Christoph Ruhsam

Dr. Helena Bergstedt

APRI Wissenschaftsmitglied
Senior Researcher bei b.geos.
Industriestrasse 1A
2100 Korneuburg
helena.bergstedt@bgeos.com
Website
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Die Relevanz der satellitengebundenen Forschung für die Polarregionen

Die Satellitenfernerkundung spielt eine entscheidende Rolle in der Polarforschung. Sie ermöglicht auch die Erfassung von Daten in entlegenen und schwer zugänglichen Regionen, die sonst nur selten und durch kostspielige Expeditionen zu erreichen wären. Durch den Einsatz von Satelliten können WissenschaftlerInnen wichtige Daten über das Klima, den Rückgang des Meereseis und Veränderungen in Permafrostgebieten in diesen sensiblen Ökosystemen sammeln. Permafrost ist kein oberflächliches Phänomen und daher nicht direkt durch Satellitendaten messbar, allerdings können viele Parameter, die mit dem Permafrost zusammenhängen mit Satellitendaten erfasst werden. Dazu zählen zum Beispiel Veränderungen in der Vegetation, die Ausbreitung von Seen und Veränderungen in der Schnee- und Eisbedeckung.

Satelliten liefern regelmäßige und flächendeckende Beobachtungen, die es ermöglichen, langfristige Trends zu identifizieren und kurzfristige Ereignisse zu verfolgen. Flächendeckende und regelmäßige Beobachtungen in Polarregionen sind essenziell, um diese Gebiete besser zu verstehen und Änderungen durch den Klimawandel sichtbar zu machen und zu quantifizieren.

Eine Vielfalt von Forschungsthemen wird durch die Nutzung von Sattelitendaten möglich einschließlich interdisziplinärer Ansätze, welche durch die Aktivitäten von APRI gefördert werden.

Übergabe der APRI Führung an die nächste Generation von ForscherInnen und APRI-Forschung der Zukunft

Das APRI spielt eine entscheidende Rolle in der Vernetzung der österreichischen PolarforscherInnen mit der internationalen Forschungsgemeinschaft.

Um den Erfolg der Polarforschung in Österreich langfristig zu garantieren, ist die Förderung der nächsten Generation von Forschern und Forscherinnen essenziell.

Junge Forscher und Forscherinnen sind schon heute im APRI eingebunden und haben auf allen Ebenen der Organisation die Möglichkeit sich aktiv einzubringen. Zum Beispiel wird Österreich seit 2023 in der Cryosphere Arbeitsgruppe des International Arctic Science Committee von zwei jungen ForscherInnen vertreten, Helena Bergstedt und Jakob Abermann. Das starke Einbinden der nächsten Generation in die Arbeit mit internationalen Organisationen schafft die Grundlage für eine optimale Vernetzung der Polarforschung in Österreich mit den internationalen Forschungsgemeinschaft auch in der Zukunft.

Um die Polarforschung als Disziplin weiterhin in Österreich stark zu halten ist ein deutliches Commitment seitens der Politik und der österreichischen Universitäten notwendig. Das APRI spielt dabei die entscheidende Rolle die österreichische Forschungsgemeinschaft auf internationaler Ebene zu vertreten und sichtbar zu machen. Während das APRI also von dem zukünftigen Engagement von NachwuchswissenschaftlerInnen abhängt, zählen die jungen ForscherInnen auch auf den Erfolg des APRI die österreichische Polarforschung weiterhin erfolgreich auf internationaler Ebene zu vertreten.

Die interdisziplinären Kompetenzen, die im APRI vertreten sind, bieten die Möglichkeit in Zukunft verstärkt Disziplin-übergreifend, zwischen Natur- und Sozialwissenschaften, zu arbeiten und eine moderne und erfolgreiche Polarforschung in Österreich auch weiterhin zu ermöglichen und zu unterstützen.

Auch Satellitenforschung erfordert Feldarbeit, ©Veronika U. Döpper