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Einem interdisziplinären Forscher*innen Team bestehend aus Mitgliedern des Austrian Polar Research Instituts, des Centre for Microbiology and Environmental Systems Science der Universität Wien, der Universität Aalborg (Dänemark) und der Universität Calgary (Canada) gelang es Rätsel rund um polare Meeressedimente und ihre Bewohner zu lösen.

Meeressedimente beherbergen unzählige Mikroorganismen

Meeressedimente enthalten den Großteil der mikrobiellen Biomasse unseres Planeten. Dennoch sind sie nach wie vor wenig erforscht. Bekannt ist mittlerweile, dass durch absterbende Organismen extrazelluläre DNA (Desoxyribonukleinsäure), die ein wichtiges Makromolekül in globalen Elementkreisläufen darstellt, freigesetzt wird.

DNA  (modifiziert nach Zephyris – eigenes Werk).
Hintergrund-Infos: Isotope (Atomsorten) haben gleiche chemische Eigenschaften und unterscheiden sich nur in der Anzahl der Neutronen in ihrem Atomkern. Kohlenstoff kommt überwiegend als Kohlenstoff 12C also mit 6 Protonen und 6 Neutronen im Kern. Nur etwa 1,1 % des natürlichen Kohlenstoffs sind 13C Isotope, die im Kern 6 Protonen aber 7 Neutronen enthalten und somit etwas schwerer sind. Bekannt ist auch Kohlenstoff 14C der im Kern 6 Protonen und 8 Neutronen enthält und radioaktiv ist.

Aufgrund seiner Zusammensetzung ist diese DNA (siehe Abbildung 1) eine besonders wichtige Phosphor-, Stickstoff- und Kohlenstoffquelle für die Mikroorganismen im Meeresboden. Die Identität, die Ökophysiologie und die genetischen Merkmale der DNA-fressenden Mikroorganismen in marinen Sedimenten sind allerdings nach wie vor weitgehend unbekannt. Überwiegend handelt es sich offensichtlich um heterotroph lebende – also um organische Substrate als Energiequellen nutzende – Mikroorganismen. Schätzungen früherer Publikationen zufolge kann davon ausgegangen werden, dass „bioverfügbare“ DNA, d. h. DNA, die für den Stoffwechsel verfügbar ist, mikrobielle Gemeinschaften in Küsten- und Tiefseesedimenten mit 2-4 % ihres Kohlenstoffbedarfs, 7-4 % ihres Stickstoffbedarfs und beachtlichen 20 % – 47% ihres ihres Phosphorbedarfs versorgt.

Probennahme in einem möglichst unbelasteten Gebiet - die Wahl fiel auf Nord-Grönland

In den Versuchsreihen eines internationalen, im Polarraum tätigen, Forscherteams wurden Meeressedimente aus zwei Regionen der nördlichen Baffin Bay (Grönland) als Basismaterial für die Identifizierung der extrazelluläre DNA abbauenden Mikroorganismen verwendet. Die Experimente zeigen die Mineralisierung von DNA unter kalten, sauerstofffreien Bedingungen.

Baffin Bay, Randmeer im Norden Grönlands (Google).

Die sauerstofffreien aber mikroorganismenreichen Meeressedimente aus der Baffin Bay, wurden mit 13C-markierter und auch unmarkierter DNA aus Halobakterien, die salzhaltige Umgebung lieben,  versetzt. „13C – ein Isotop* des Kohlenstoffsatoms – wird zur Markierung von organischen Molekülen, wie die DNA eines ist, verwendet, um gezielte Abbaureaktionen und den Einbau der markierten Atome in spezifische Mikroorganismen verfolgen zu können“ erläutert Kenneth Wasmund, Mitglied des Austrian Polar Research Institutes APRI.  Ziel der Untersuchungen war genauere Angaben machen zu können, wie die Abbauvorgänge der DNA vor sich gehen und über die Art und Weise wie unterschiedliche Organismen die verschiedenen Teile der DNA nutzen. Dazu versetzte das Team die Sedimentproben  zusätzlich mit unmarkierten Nukleinbasen (Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin), die Bausteine der DNA sind sowie den verwandten Nukleosiden 2-Desoxyadenosin und Thymidin.

West-Küste von Grönland in der Baffin Bay (©Christoph Ruhsam).

Ein ausgeklügeltes Methodenspektrum zur Identifikation der DNA-verwertenden Mikroorganismen

Wasmund erläutert im Weiteren, dass die Forschungsarbeiten es ermöglichten mikrobielle Akteure zu identifizieren, die extrazelluläre DNA in Meeressedimenten abbauen und katabolisieren – ein Prozess durch den die Mikroorganismen aus dem großen, komplexen DNA-Molekülen Energie und neue Bausteine für ihren Stoffwechsel gewinnen. Um die Ökophysiologie der DNA-abbauenden Mikroorganismen zu identifizieren und zu untersuchen, führten die Forscher*innen einen sogenannten „funktionellen Mikrobiom“-Ansatz durch: die marinen, Mikroorganismen haltigen Sedimente wurden mit der 13C-markierten DNA beziehungsweise den erwähnten einzelnen unmarkierten DNA-Subkomponenten versetzt. Die Analytik umfasste unter anderem vergleichende DNA-Sequenzierung und insbesondere DNA-SIP (DNA-stable isotope probing). DNA-SIP ist eine etablierte Technik zur Identifizierung aktiver Mikroorganismen, die bestimmte Kohlenstoffsubstrate und Nährstoffe in ihre zelluläre Biomasse einbauen.

„Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Identität und die funktionellen Eigenschaften von Mikroorganismen, die zu der wichtigen Ökosystemfunktion des Abbaus und Wiederverwertung der Abbauprodukte von DNA im Meeresboden beitragen.“

Kenneth Wasmund

So konnte der mikrobielle Abbau von DNA und ihren Teilkomponenten in den Meeressedimenten untersucht werden. Die den Mikroorganismen enthaltenen Sediment zugesetzte 13C-markierte DNA, wurde innerhalb von 10 Tagen weitgehend abgebaut und zu 13C markiertem Kohlendioxid mineralisiert. Die DNA-SIP-Untersuchung der DNA ergab, dass mehrere identifizierbare Mikroorganismen (‚Candidatus Izemoplasma‘, Lutibacter, Shewanella und Fusibacteraceae) den aus der DNA stammenden 13C-Kohlenstoff in ihre eigenen Zellen einbauen. Die Genome der 13C-markierten Linien kodierten für enzymatische Repertoires zum Abbau von DNA oder Teilkomponenten der DNA, was frühere Ergebnisse gut unterstützt. Vergleichende Genomanalysen ergaben, dass es sich bei verschiedenen „Candidatus Izemoplasmatales“ wahrscheinlich um spezialisierte DNA-Abbauer handelt – der erste in der Natur identifizierte Organismus dieser Art.  Die Analysen ergaben darüber hinaus, dass derartige DNA-Abbauer an verschiedenen Standorten weit verbreitet sind.

Medieninformation

Verfasst von Barbara Hinterstoisser.
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Header Foto: © Christoph Ruhsam, www.pure-landscapes.net

Über die wissenschaftlichen AutorInnen

Kenneth Wasmund war Postdoc & Projektleiter an der Universität Wien und ist Lecturer an der Universität Portsmouth, UK.
Alexander Loy ist stellvertretender Leiter der Abteilung für Mikrobiologie und Ökosystemwissenschaften an der Universität Wien.

Zugriff zum Original Paper.

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