Edward Canuel, außerordentliches APRI Mitglied, fasst seinen kürzlich gehaltenen APRI „PolarTalk #4“ über die Blaue Ökonomie zusammen – was sie ist, was sie in der Praxis bedeutet und die verschiedenen interdisziplinären Themen, die sich überschneiden. Mit Blick auf die Arktis, die diese Konzepte als Fallstudie zusammenführt, hat er auch die Schlüsselrolle behandelt, die kritische Infrastruktur in dieser Region spielt.
Das UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goal 14) bietet eine Anleitung zu den Parametern der Blauen Ökonomie. Dieses Ziel versucht „die Ozeane, Meere und Meeresressourcen für eine nachhaltige Entwicklung zu erhalten und nachhaltig zu nutzen“. Es gibt keine einheitliche, allgemein anerkannte Definition der Blauen Ökonomie. Wissenschaftler haben argumentiert, dass jeder Versuch einer Definition fließend sein muss, da es sich um ein sozial konstruiertes Konzept handelt. Die Blauen Ökonomie erkennt an, dass Naturschutz und nachhaltige Managementpraktiken die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum ankurbeln. Es wird ein ganzheitlicher Ansatz in Bezug auf die Blauen Ökonomie empfohlen, der Wissenschaft, innovative Managementpraktiken, effektive Durchsetzung, öffentlich-private Partnerschaften und aktive öffentliche Beteiligung berücksichtigt.
Innerhalb dieses Rahmens umfasst die Blauen Ökonomie Bereiche wie Fischerei, Offshore-Förderung von Mineralien und Kohlenwasserstoffen, erneuerbare Energien, Schiffbau und Seetransport. Ein Grundpfeiler der Blauen Ökonomie ist die Steuerung und Kontrolle, zu deren Instrumenten die marine Raumplanung und das ökosystembasierte Management gehören. Mit diesen Instrumenten wird eine Vielzahl von Problemen angegangen, darunter marine Bioprospektion und illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei – viele dieser Probleme betreffen die Arktis.

Arktische Gewässer stehen im Fokus der Blauen Ökonomie (Illulissat, Westgrönland)
Die Blaue Ökonomie und Kontrolle
Angelegenheiten der Blauen Ökonomie, die die Arktis betreffen, beinhalten Steuerung und Kontrolle als Kombination aus Institutionen und verbindlichen Recht (Hard Law) sowie Absichtserklärungen (Soft Law). Das arktische Recht untersucht die Gesetze und Vorschriften, die die Arktis betreffen, einschließlich der Rechte, Verantwortlichkeiten und Pflichten der staatlichen und privaten Akteure. Kritiker der nachhaltigen Entwicklung in der Arktis weisen auf das Fehlen eines „Hard Law“-Abkommens für die Arktis hin. Obwohl es keine solchen Verträge gibt, die sich ausschließlich auf die Arktis konzentrieren, gibt es Verträge und Konventionen, die sich mit arktisbezogenen Themen beschäftigen – wie z.B. UNCLOS. Ein „Soft-Law“-Instrument für die Arktis ist die Ilulissat-Deklaration von 2008, die von den fünf Anrainerstaaten des Arktischen Ozeans unterzeichnet wurde und die ein „neues umfassendes internationales Rechtsregime zur Regelung des Arktischen Ozeans“ vorsieht. Was die Institutionen betrifft, so ist der Arktische Rat ein hochrangiges Gremium, das sich aus den acht arktischen Staaten zusammensetzt und in dem auch die sechs Gruppen vertreten sind, die die indigenen Völker der Arktis repräsentieren. Meeresfragen sind in allen Arbeitsgruppen des Rates von entscheidender Bedeutung.

Am Weg nach Ny-Ålesund (Spitsbergen)
„Die Blaue Ökonomie ist der Traum eines jeden Forschers.“
Kritische Infrastruktur ist ein Berührungspunkt, wenn es um die Blaue Ökonomie und die Arktis geht. Im Jahr 2016 machte eine Investmentfirma Schlagzeilen, als sie feststellte, dass 1 Billion Dollar für die Entwicklung der arktischen Infrastruktur benötigt wird. Die „Arctic Maritime and Aviation Transportation Infrastructure Initiative“ aus dem Jahr 2012 unter der Schirmherrschaft des Arktischen Rates erstellte die allererste virtuelle Karte, auf der die bestehenden Transportzentren in der Arktis dargestellt wurden, was die Analyse des pan-arktischen Infrastrukturbedarfs förderte. Mit abnehmendem saisonalem Eis und zunehmenden Aktivitäten in der Arktis werden die Belastungen für die bestehende kritische Infrastruktur – und der Bedarf an neuer Infrastruktur – steigen. Partnerschaften, Kooperationen und finanzielle Ressourcen zwischen den verschiedenen staatlichen und substaatlichen Akteuren werden für die Entwicklung und den Betrieb kritischer Infrastrukturen benötigt.
Die Blaue Ökonomie ist der Traum eines jeden Forschers. Die Möglichkeiten für die Forschung über mehrere sozial- und naturwissenschaftliche Disziplinen hinweg sind konkurrenzlos. Wenn wir über die Entwicklung und den Erhalt kritischer Infrastruktur in der Arktis sprechen, muss eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden, einschließlich der Gestaltung einer widerstandsfähigen Infrastruktur und der Förderung einer vernünftigen Entwicklung, die menschliche Bedürfnisse, das bestehende Ökosystem und private/öffentliche Partnerschaften berücksichtigt.
Unsere Diskussion unterstreicht, dass die Blaue Ökonomie eine Reise ist, die es wert ist, erkundet zu werden, und die es uns ermöglicht, die gewaltigen Herausforderungen und Chancen anzugehen, mit denen das globale Meer und die Arktis konfrontiert sind.
Hinweis: Die geäußerten Ansichten sind ausschließlich die des Autors und nicht die der US-Regierung.
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Alle Fotos: © Edward Canuel
Über den wissenschaftlichen Autor
Dr. Edward Canuel: Foreign Service Officer; Honorarprofessor an der Universität Aalborg und der Universität Aarhus; Außerordentlicher Professor an der American University; Außerordentliches Mitglied des Austrian Polar Research Institute.
Dr. Edward Canuel ist ein Professor, Diplomat und Rechtsanwalt. Er war Professor an verschiedenen Universitäten (Aalborg, American und Aarhus); seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind Arktis- und Energierecht, nachhaltige Entwicklung und Sicherheitsthemen. Ed hat einen B.A. vom Boston College (summa cum laude); einen Juris Doctor von der Boston College Law School; einen Master of Laws von Osgoode Hall im Wirtschaftsrecht (wo er anschließend als Osgoode Visiting Scholar tätig war); und einen Ph.D. von der Universität Oslo (vergleichendes Privatrecht mit Schwerpunkt auf dem Energie- und Finanzsektor). Seit kurzem ist Ed ein außerordentliches Mitglied des Austrian Polar Research Institute.
Ed ist seit fast 20 Jahren als US-Diplomat tätig. Seine derzeitige diplomatische Tätigkeit ist bei der U.S. Mission to International Organizations in Vienna (UNVIE). Als amtierender Berater für Angelegenheiten der Internationalen Atomenergie-Organisation beaufsichtigt er die Abteilungen für friedliche Nutzung und Sicherheitsüberwachung der UNVIE. Zuletzt arbeitete Ed im Weißen Haus sowohl als Homeland Security Advisor’s Coordinator for Arctic Affairs als auch als stellvertretender leitender Direktor im National Security Council’s Resilience Directorate. Zu Eds früheren diplomatischen Stationen gehören die Tätigkeit als Deputy Office Director in the Bureau of Counterterrorism, als Senior Advisor im Büro des Deputy Secretary of State, als Environmental/Energy Trade Negotiator, als Gastprofessor des State Department (an der US-Militärakademie in West Point), als Regional Environmental Officer/Acting Deputy Chief of Mission (Kopenhagen), als Energy und Economic Officer (Oslo) und als Treaty Trader Officer (Toronto). In den Jahren 2012 und 2017 wurde Ed als Kandidat der US-Regierung für den Posten des Arctic Council Secretariat’s Executive Director ausgewählt.
Bevor Ed zum State Department wechselte, war Ed in einer internationalen Anwaltskanzlei in den Bereichen Unternehmens-, Umwelt- und Gewerbeimmobilienrecht tätig.